Selbstmarketing – wenn die Realität dem Image folgt

Letztes Wochenende habe ich mal wieder ein Tagesseminar zum Thema Selbstmarketing gehalten. Wie so oft stellte ich bei den Teilnehmern eine gewisse Ängstlichkeit fest. Viele sehen ja ein, dass Selbstmarketing grundsätzlich eine gute Idee ist. Aber ich beobachte bei diesem Thema immer wieder auf mehreren Ebenen Blockaden, die es schwierig machen, sich erfolgreich am Markt zu be-werben – vielleicht kennst du ja einige davon:

Du weißt gar nicht so genau, wofür du eigentlich stehst.

Das ist häufiger der Fall als man annehmen könnte. Tatsächlich haben sich sehr viele Menschen noch nie oder selten mit ihren persönlichen Stärken beschäftigt. Interessanterweise können sie zwar oft aus dem Stand ihre Schwächen benennen – oder das was sie dafür halten. Aber das Regal mit ihren Stärken verstaubt irgendwo in den hintersten Gehirnwindungen und wird extrem selten aufgesucht. Schade eigentlich, denn natürlich kann ich nur dann erfolgreiches Selbstmarketing betreiben, wenn ich genau weiß, was mich auszeichnet und wenn ich die entsprechenden Punkte dann auch jederzeit parat habe.

Wenn es dir auch schwerfällt, deine Stärken zu benennen, dann probiere doch mal die Partyübung aus:

Stell dir vor, du bist auf einer Stehparty und läufst so durch den Raum. Vereinzelte Gesprächsfetzen dringen an dein Ohr. Plötzlich fällt irgendwo dein Name … Was möchtest du jetzt gerne hören?

Der Peter Meier, das ist doch der, der …

Die Sabine Schmidt, die macht doch …

Ergänze diese Sätze mit deinem Namen und schreib so viel auf wie dir nur einfällt. Du wirst vielleicht überrascht sein, was du da alles hören kannst ;-).

Du willst dich nicht in den Mittelpunkt stellen, weil du glaubst, andere damit zu nerven.

Hm, einerseits sympathisch, denn wer mag schon Aufschneider …

Doch natürlich gibt es ein „andererseits“: Zwischen schon ungesunder Bescheidenheit und nervtötender Aufschneiderei liegen nämlich Welten. Bescheidenheit ist eine Zier, doch weiter kommt man ohne ihr, wusste schon mein Opa. Wie wäre es also mit einem angemessen guten Selbstwertgefühl?

Die meisten Teilnehmer, die sich nicht „produzieren“ wollen, kriege ich mit folgender Überlegung:

Ich nehme an, du glaubst wirklich daran, dass das, was du anzubieten hast, für andere Menschen oder Unternehmen wirklich sinnvoll und wertvoll ist – richtig? (Dazu nicken eigentlich alle.)

Ok, wenn das so ist, wäre es durchaus hilfreich, wenn diese Menschen und Unternehmen von deinem Angebot wüssten – oder? (Zweites, etwas langsameres Nicken – allmählich ahnen sie, was kommt … 😉 )

Findest du es dann nicht sehr egoistisch von dir, wenn du deine Dienstleistung ganz für dich behältst? Die Leute erfahren ja gar nicht, was du ihnen Gutes tun kannst, wenn du so wenig darüber sprichst! Du enthältst ihnen also bisher ganz wichtige Informationen vor – das ist doch wirklich nicht ok! (Hier geht dann meist ein Lächeln, oft sogar ein Leuchten übers Gesicht.)

Meine Kunden verstehen an dieser Stelle, dass Selbstmarketing etwas Positives ist: Denn sie geben dadurch Menschen, die ihr Angebot dringend benötigen, die Gelegenheit, dieses auch tatsächlich zu finden. Und damit ist dann die Angst vom Tisch, man könnte es übertreiben und seine Mitmenschen nerven. An ihre Stelle tritt die Überzeugung, dass man etwas Wertvolles anzubieten hat – und dass man die verdammte Pflicht hat, die Welt darüber zu informieren!

Du willst authentisch bleiben und denkst, Selbstmarketing funktioniert nur, wenn du lügst.

Diese Blockade ist besonders wirksam bei Menschen, die in ihrem Beruf anderen Menschen helfen wollen. Bei den meisten ist der Wert „Authentizität“ sehr hoch ausgeprägt, und sie glauben oft, dass „sich verkaufen“ irgendwie böse ist. Und wenn sie dann noch das Wort „Image“ hören, rollen sich ihnen endgültig die Zehennägel auf.

Dieser Klientel zeige ich dann, dass Authentizität und Image sich keineswegs widersprechen müssen, ganz im Gegenteil. Je authentischer ich in meinem Selbstmarketing bin, umso aktiver kann ich mein Image gestalten – ganz in meinem Sinn. Das bedeutet, ich treffe ganz bewusst eine Auswahl der Seiten meiner Persönlichkeit und meines Angebots, die ich nach außen transportieren möchte. Beim einen ist das mehr, beim anderen weniger – das ist sehr individuell. Aber es ist eine bewusst gewählte Aussage, und ich entscheide über den Grad an Offenheit. Lügen muss ich dafür definitiv nicht.

Aber ich verrate euch ein Geheimnis: Beim Selbstmarketing folgt die Realität dem Image.

Was heißt das denn? Nun, wenn ich mich intensiv mit meinen Stärken und meinem Angebot auseinander gesetzt habe, wenn ich meine Wunschkunden und ihre Probleme wirklich studiert und Lösungen dafür entwickelt habe – dann steht am Ende dieses Prozesses ja eine kluge Positionierung mit viel Erfolgspotenzial.

Das bedeutet, ich gehe mit selbstbewussten und klaren Aussagen nach draußen, die zeigen: Hallo, lieber Kunde, ich bin der richtige Anbieter für dich! Natürlich mit einem professionellen Außenauftritt und durchdachten Kommunikationsmaßnahmen, die zu mir und meinen Wunschkunden passen.

Manchmal stehst du dann da mit breiter Brust, aber noch geringem Kundenaufkommen. Macht nichts. Denn: Die richtigen Kunden kommen. Einer nach dem anderen, und immer mehr. Du brauchst ein bisschen Durchhaltevermögen und Glauben an dich. Und du darfst dann auch mal ein bisschen dick auftragen und dich zum Beispiel „Vordenkerin für authentisches Marketing“ nennen … Das ist gut fürs Image und gibt deinen Wunschkunden die nötige Orientierung. Wenn noch kein anderer erkannt hat, wie gut du bist, darfst du sie ruhig mit der Nase darauf stoßen 🙂 . Glaubt mir, das wirkt! Männer können so was übrigens meist viel besser als Frauen. Da können wir Mädels echt noch was lernen.

Manche knicken aber in dieser Phase ein. Sie denken, ihre Positionierung zieht nicht und schmeißen alles wieder über Bord, was sie sich mühsam erarbeitet haben. Sie nehmen den nächstbesten Auftrag an, auch wenn sie schon von vorneherein wissen, dass das wahrscheinlich nur Stress bedeutet und wenig Erfüllung.

Kluge Unternehmer jedoch wissen, dass die Realität dem Image folgt und bleiben ihrer Positionierung treu. Irgendwann, das verspreche ich dir, hat die Realität dein Image eingeholt. Und dann gibt es keine echten Erfolgsgrenzen mehr.

Kannst du das bestätigen? Ich freu mich auf deine Erfahrungen – und auch auf Widerspruch!

11 Kommentare zu „Selbstmarketing – wenn die Realität dem Image folgt“

  1. Hallo Heide,

    Selbstmarketing ist auch bei Nicht-Selbständigen ein Thema. Und der erste Punkt beschreibt auch das, was ich mich selbst immer wieder frage. Wofür stehe ich eigentlich und wie möchte ich wahrgenommen werden?

    Zum Thema Mittelpunkt habe ich einen schönes Satz: Wer immer im Mittelpunkt steht, steht oft im Weg. Was dann aber eher in Richtung nervtötender Aufschneiderei geht.

    Danke für deinen erhellenden Beitrag.

    Stefan

  2. Hallo Stefan,

    ja, der erste Punkt ist natürlich ganz entscheidend. Und es braucht Geduld und Durchhaltevermögen und manchmal auch jemand, der einen dabei begleitet, weil man sonst oft zu sehr im eigenen Saft schmort und das „Fremdbild“ fehlt, die Außenwahrnehmung. Aber wenn man diese Hürde gemeistert hat, ist der Rest vergleichsweise einfach :-).

    Naja, und was das Thema „Mittelpunkt“ betrifft: Ich bin ja der Auffassung, dass immer zwei dazugehören, also jemand, der sich „produziert“ und jemand anders, der ihn lässt. Will sagen: Gerade die Leute, die am lautesten auf die schimpfen, die gern im Mittelpunkt stehen, haben an der Stelle oft ein Defizit. Sie würden ja gerne auch mal, aber sie trauen sich nicht … Wie das oft so ist mit den verdrängten Schattenseiten.

    Natürlich gibt es die nervigen Schaumschläger und Brüllaffen. Aber ich kann die meistens ganz entspannt links liegen lassen. Ich such mir derweil dann lieber meine eigene Bühne 🙂 .

  3. Hallo Frau Liebmann,

    Ihr Beitrag hebt sich wohltuend ab von vielen anderen im Netz, die mit leeren Worthülsen das Thema Selbstmarketing ad absurdum führen. Allerdings bin ich der Meinung, dass reines Selbstmarketing nur ein erster Schritt ist. Erst im Zusammenspiel mit aktiver Selbstvermarktung steigen die Chancen deutlich. Und das halte ich für unabhängig davon, ob man dieser Denke als Selbständiger oder als Angestellter folgt.

    Mit besten Grüßen aus dem Hafen
    Ulrich Börst

  4. Hallo Herr Börst, vielen Dank für Ihre positive Reaktion auf meinen Artikel, freut mich sehr. Erklären Sie mir, welchen Unterschied Sie machen zwischen Selbstmarketing und Selbstvermarktung? Für mich sind das nämlich Synonyme und ich verstehe nicht so recht, worauf Sie da hinauswollen.

  5. Hallo Frau Liebmann,

    Sie befinden sich mit Ihrer Frage und der synonymen Verwendung von Selbstmarketing und Selbstvermarktung in bester Gesellschaft …. Der XING-Experte J. Rumohr bringt deshalb gerne ein klärendes Bild vom Zwillingspärchen: Ein Schaufenster optimal zu gestalten ist das eine (Marketing). Kunden in den Laden zu bekommen und zum Kauf zu bewegen ist das andere (Vermarktung). Meine zusätzliche Anmerkung: spezialisierte Dienstleistungen werden selten im stationären Ladengeschäft angeboten. Vielmehr wird hier auf den direkten Vertrieb gesetzt. Praxisfolgerung für den Arbeitsmarkt: Je höher qualifiziert ein Jobsucher ist, desto eindeutiger ist seine Arbeitsleistung eine spezialisierte Dienstleistung. Auf dem Weg zum Wunschjob empfehle ich deshalb aktive Strategie.

    Wer tiefer ins Thema will, den interessiert vielleicht mein Blogartikel: https://www.jobsuchercoach.de/index.php/werkzeuge/wenn-initiativbewerbung-dann-richtig-2/.

    Wenn Sie mögen, vertiefen wir das Thema gerne bei Gelegenheit mit dem von Ihnen angebotenen Kaffee 😉

    Schönes Wochenende wünscht Ihnen
    Ulrich Börst

  6. Hallo Herr Börst, ich glaube, dass wir inhaltlich gar nicht weit auseinander liegen – bloß differenziere ich die beiden Begriffe nicht auseinander, sondern verstehe Selbstmarketing natürlich auch als aktives Handeln :-). Aber wir können uns darüber gerne mal austauschen, wo wir ja quasi Nachbarn sind. Ebenfalls ein schönes Wochenende und bis auf bald!

  7. Liebe Heide,
    ein schöner Beitrag zum Thema Selbstmarketing, dem ich voll und ganz zustimme bis auf den letzten Aspekt, den Du ansprichst. Du sagst, dass die Realität dem Image folge. Ich würde das etwas differenzieren: Bei der Positionierung entwickele ich ein Corporate Image – mein Selbstbild. Wenn ich dann „draußen“ unterwegs bin entsteht bei meinen Kunden und Geschäftspartnern ein Bild – das Fremdbild. Je nachdem wie nah ich bei der Positonierung an der Realität war, stimmen beide überein. Ich beobachte immer wieder, dass sich Unternehmer ein Bild fernab der Realität „zimmern“ und dann von der Realität eingeholt werden. Dann folgt die Realität leider ganz und gar nicht dem (geplanten) Image.
    Beste Grüße,
    Maren Martschenko

  8. Liebe Maren, danke für deine Überlegungen. Deine Beobachtung kann ich natürlich insofern bestätigen, dass ein unauthentisches Selbstbild dem Realitäts-Check tatsächlich oft nicht standhält. Deshalb ist es ja so wichtig, sich beim Thema Positionierung so intensiv mit sich selbst und seinem Unternehmen auseinander zu setzen.

    Vielleicht muss ich meinen Ansatz noch mal etwas differenzieren: Manchmal ist es durchaus hilfreich, von der gefundenen Positionierung aus quasi in die Zukunft zu extrapolieren, ganz im Sinne einer positiven Zielbestimmung. Wenn ich mich nach außen so darstelle, als hätte ich das selbst gesetzte Ziel bereits erreicht, dann entwickelt das einen gewissen Sog. So nähere ich mich Schritt für Schritt über mein Image dem angepeilten Ziel. Das kann nur funktionieren, wenn erstens die Positionierung passt und klar ist, wohin die Reise gehen soll. Und wenn zweitens das Image nicht zu weit weg ist von der Realität. Aber wenn diese beiden Bedingungen gegeben sind, kann daraus eine echte Zugkraft entstehen. Wird so deutlicher, in welche Richtugn ich hier denke?

  9. Pingback: Selbstmarketing auf sympathische Art · baumbach.text.

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