Unternehmer*in sein: Interview mit Martin Weiss

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Martin Weiss gehört für mich zu den Trainer- und Coach-Kollegen, die eine echte Inspiration sind. Denn Martin schafft es, mit seiner ganz eigenen und sehr authentischen Art, ein lukratives Business zu führen. Ich habe schon viel von seinem Know-how beim Thema Onlinemarketing profitiert und lerne immer wieder dazu. Insofern bin ich echt stolz, dass er mir bereits für mein Buch ein ausführliches Interview gegeben hat, das er für diese Interview-Reihe noch mal aktualisiert hat – sehr lesenswert, wie ich finde.

Ängste zeigen dir den Weg, deine Herausforderungen zu meistern

Martin Weiss1. Wenn du dein Selbstbild als Unternehmer*in beschreibst: Wie sieht das aus, und was gehört alles dazu für dich?

Für mich gehört zum Unternehmersein dazu, dass du das, was du machst, wirklich liebst. Das ist Deine Eintrittskarte. Wenn du Deine Arbeit nicht liebst, lass es. Das ist die Grundvoraussetzung. Aber das allein reicht nicht. Du musst in deinem Bereich auch wirklich gut sein. Du musst dir Kompetenzen erwerben, du musst Dir Fachwissen aneignen, vor allem musst Du Praxiserfahrung haben. Liebe zu seiner Arbeit und ausgereifte Fähigkeiten sind die beiden Zutaten, die man auf jeden Fall mitbringen sollte. Außerdem brauchst du eine gewisse Form von Organisationstalent, damit du deine Abläufe einigermaßen im Griff hast, und ein paar grundlegende kaufmännische Kenntnisse helfen auch. Ganz entscheidend ist aber meines Erachtens für die Selbstständigkeit ein anderer Punkt: Du musst in der Lage sein, Marketing zu machen und deine Leistungen zu verkaufen. Wenn du das nicht kannst, kannst du deine Sache noch so sehr lieben, du kannst noch so toll organisiert sein, aber du wirst keinen Euro verdienen.

2. Welche deiner Eigenschaften hältst du für unverzichtbar, bezogen auf deinen unternehmerischen Erfolg?

Wenn ich nur eine nennen dürfte, dann würde ich Durchhaltevermögen wählen. Natürlich spielen viele, viele andere Fähigkeiten eine ähnlich wichtige Rolle. Aber Durchhaltevermögen finde ich deswegen so wichtig, weil sie mich über alle Rückschläge und vor allem auch über all meine Schwächen und Inkompetenzen hinweg immer wieder ermuntert hat, dran zu bleiben und zu lernen, wie ich die Dinge besser geregelt bekomme.

3. Wenn du mal zurückblickst: Aus welcher Erfahrung hast du am meisten gelernt für dein unternehmerisches Leben?

Ich bin mit Training und Coaching zuerst nebenberuflich durchgestartet, und das war Gold Wert: Erstens stand ich dadurch nicht unter dem finanziellen Druck, sofort davon leben zu müssen. Und zweitens hatte ich die Möglichkeit, in Ruhe bei einem damaligen Kunden Praxiserfahrungen zu sammeln. Dabei habe ich gelernt, dass Erfahrung die eigene Unsicherheit heilt. Klar habe ich anfangs Fehler gemacht. Aber es gab eben auch Situationen, in denen mir was gelungen ist, in denen ich aus Fehlern gelernt habe, und nachher ein gutes Feedback bekam. Diese innere Stärke kann man meiner Meinung nach nicht aus einer Buchlektüre ziehen, sondern sie entspringt der eigenen Praxis. Darüber hinaus entdeckt man früher oder später Methoden, die funktionieren. Auf diese Weise wächst ein natürliches Selbstvertrauen heran, das auch in Stresssituationen nicht so leicht zu erschüttern ist.

4. Was bedeutet „Scheitern“ für dich?

Früher war die Vorstellung, scheitern zu können, mit Abstand meine größte Angst.

Die Folge: Ich habe mich immer wieder in zahlreiche Projekte gleichzeitig verzettelt, um auf Nummer sicher zu gehen: Ein Trainer-Netzwerk, eine E-Book-Plattform, mehrere Websites – alles Mögliche und nichts davon richtig. Der Grund: Ich hatte Schiss davor, alles auf eine Karte zu setzen.

Also stand ich vor der entscheidenden Wahl: Machst du eine Sache richtig, oder vieles falsch und halbgar? Ich habe mich gefragt, was mir als Schlimmstes passieren könnte und habe beschlossen, dass meine Toleranzgrenze fürs Scheitern bei 50.000 Mark Schulden liegt. Sollte ich diese Marke erreichen, hätte ich die Selbstständigkeit dran gegeben. Und nachdem ich mir dieses Limit gesetzt hatte, bin ich alle Themen durchgegangen, die ich angestoßen hatte oder die ich noch realisieren wollte. Dabei habe ich mich gefragt: Was kickt mich an? Und was hat obendrein eine Chance, erfolgreich zu sein? Am Ende habe ich dann spontan und aus dem Bauch heraus entschieden, dass ich mit dem Thema „Produktivität“ beginne.

5. Wie gehst du mit Ängsten und Widerständen um?

Ich heiße sie willkommen. Statt sie zu bekämpfen, lade ich sie ein, sich mit an den Tisch zu setzen und zu sagen. was immer sie mir mitteilen möchten. Dabei habe ich immer wieder erlebt, dass ein Teil der Ängste und Widerstände auf ziemlich wackligen Hypothesen fußen, die einer kritischen Überprüfung kaum standhalten können.

Einige Ängste und Widerstände empfand ich jedoch als sehr sinnvoll, weil sie mir die blinden Flecken meiner Ideen und Projekte aufgezeigt haben. Sobald ich sie in meiner weiteren Planung berücksichtigt habe, zogen sie sich von alleine zurück.

Es bleibt jedoch oft ein Kern von Ängsten, Sorgen oder Einwänden übrig, die ich nicht meistern kann. Denn das Leben ist und bleibt unberechenbar. Und alles, was nicht im Vorfeld kalkuliert werden kann, sorgt im Verstand für Aufruhr. Das ist ein Teil unseres Betriebssystems, wir sind so ab Werk ausgeliefert worden. Diese Restangst kann nur durch Erfahrung geheilt werden – und das bedeutet, das ich mich gemeinsam mit meiner Angst auf den Weg mache und meine Ziele trotzdem verfolge.

Das Interessante ist: Wenn man oft genug wider die Angst oder mit seiner Angst gehandelt hat, dann weiß man innerlich, dass man auch noch größere Herausforderungen meistern kann.

6. Was möchtest du mit deinem Unternehmen der Welt geben?

Meine Vision hat sich im Laufe der Zeit im Kern nicht verändert – aber der Rahmen ist immer größer geworden. Im Grunde ging es mir immer darum, Menschen zu helfen, ihren Geist zu befreien. Viele von uns sind mit Zwängen, Konditionierungen und Überzeugungen behaftet, die uns in Schach halten: Unsicherheit, Selbstzweifel, Sorgen oder Befürchtungen. Das möchte ich ändern. Zu Anfang bestand deswegen mein Ansatz darin, Menschen einfache Coachingtechniken zu zeigen, mit denen sie sich befreien können. Aber im Laufe der Zeit wurde mir klar, dass das Problem weitaus größer ist.

Wir leben in einer politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Kultur, die sehr stark von einem Angstdenken geprägt ist: „Es ist nicht genug für alle da“, „Das Leben ist ein Kampf“, „Ich bin nicht gut genug“ etcetera. Diese Kultur wird von einem lauten Mediengetöse angetrieben, das permanent Negativnachrichten von Katastrophen, Krisen und Kriegen in die Welt tickert.

Aber es gibt mittlerweile eine Gegenbewegung, die ich unter dem Stichwort Big Shift zusammenfasse: Menschen, die ein neues Spiel wollen. Die von Misstrauen zu Vertrauen gehen wollen. Von Gegeneinander zu Miteinander. Von Ego zu Wir. Von Angst zu Liebe. Diese Veränderungen sehen wir im Konsumverhalten, Stichwort LOHAS, in der Generation Y, in den Ansätzen von enterprise 2.0, in den neuen Ansätzen für eine transparente Politik, um ein paar Beispiele zu nennen. Diesen Big Shift zu unterstützen, habe ich zu meiner Lebensaufgabe gemacht. Wobei ich meinen Beitrag nicht in einer politischen Arbeit sehe, sondern in der Arbeit eines Trainers und Coaches. Denn der Big Shift kann nicht verordnet werden. Er geschieht, indem jeder einzelne sich entscheidet, das alte Angstspiel zu beenden und sich einem neuen Spiel zuzuwenden, das von Vertrauen geprägt ist.

7. Was hätte dir in schwierigen Situationen geholfen, wenn du es schon früher gewusst hättest?

Dass das Leben jeden von uns fördert. Klar: Wir alle haben auch mit Rückschlägen, Widerständen und Hindernissen zu tun. Aber bei der Rückschau habe ich oft entdecken dürfen, dass es bei allen Verwerfungen immer auch Chancen gab. Dass es Kräfte gab, die mich gefördert haben – sei es in Form von anderen Menschen, die mich unterstützt haben. Oder ganz einfach in Form von Inspirationen, Zufällen oder einer Portion Glück, das – irgendwie – dafür gesorgt hat, dass meine Träume doch noch Realität werden können.

8. Welche Art von Marketing machst du für dein Unternehmen und deine Angebote?

Mein Marketingprozess ist sehr ausgefeilt. Das beginnt damit, dass ich im Prinzip lange, bevor ich das Produkt entwickelt habe, damit anfange, Skizzen zu entwickeln: Welches Problem soll das genaue Angebot lösen? Welche Transformation wird meinen Kunden möglich sein, wenn sie mein Angebot nutzen? Und mit Transformation meine ich nicht nur einen geldwerten Nutzen. Sondern auch einen emotionalen. Wie ändert sich das Leben meines Kunden in puncto Selbstwertgefühl, Beziehungen, Lebensfreude etc. Wenn ich diese Triade aus Problem, Angebot und Transformation klar habe, steht auch das Fundament fürs Marketing. Diese 3 Botschaften kommuniziere ich dann später auf allen Kanälen. In meinen Webinaren, in meinen Anzeigen oder in meinen Blogartikeln.

Bevor ich jedoch das Produkt zur Vollreife entwickle, führe ich eine ganze Reihe von Tests durch. Zunächst in Form von Einzelbefragungen. Erweist sich hier, das meine Idee nicht zieht, gehe ich nochmal zurück zum Zeichenboard. Die überarbeitete Idee präsentiere ich dann erneut, und wenn ich ein positives Signal erhalte, beginne ich mein Angebot zu pitchen. Ich biete es zum Kauf an. Vielleicht als Pilotprojekt zu vergünstigten Bedingungen, da ich das Angebot ja noch teste. Aber dennoch schon zu einem bestimmten Preis. Nur wenn die Kunden bereit sind, etwas dafür zu bezahlen, weiß ich, dass sie wirklich interessiert sind. In dieser Testphase bitte ich meine Teilnehmer um Testimonial-Aussagen – vorausgesetzt sie sind zufrieden. Testimonials sind mir sehr wichtig, weil sie meinem Marketing mehr Glaubwürdigkeit verleihen.

Apropos: Ich arbeite nach dem Prinzip des so genannten „Karma-Marketing“. Das bedeutet für mich, dass alles, was ich an Gutem in die Welt bringe, auch wieder zurückkommt. Bevor ich also etwas zu verkaufen suche, biete ich erstmal etwas Gutes dazu an. Ich habe mir angewöhnt, bei meinen Kostproben nicht zu geizig zu sein, sondern eher mehr zu geben. Die Menschen sollen einen sofortigen, unmittelbaren Nutzen haben, von dem sie profitieren – auch wenn sie mein Produkt nicht kaufen sollten. Das sorgt für gutes Karma. Allerdings denke ich auch sehr genau darüber nach, was ich von meinem Produkt wirklich preisgebe und was nicht. Denn am Ende muss ich ja auch noch was zu verkaufen haben.

9. Wie würdest du dein Verhältnis zu Geld beschreiben?

Geld ist für mich wie Benzin, mit dem Du Dein Auto betankst, um von A nach B zu kommen. Das war’s auch schon. Geld macht nicht glücklich, es steigert auch nicht meine Selbstwertgefühl und ist auch kein Ersatz für mangelnde Liebe.

Es ist lediglich ein nützliches Werkzeug, das mich an bestimmten Stellen unterstützt, meine Ziele zu realisieren.

Ich bin im übrigen der Meinung, dass man Geld immer verdienen kann. Einzige Voraussetzung: Dass man sich darauf konzentriert, für andere nützlich zu sein.

10. Wie schaltest du ab und entspannst dich am besten?

Fahrradfahren, Lesen, Kino. Und Brainstormings. Ich kann nicht entspannen, wenn mir noch Hunderte von Ideen durch meinen Kopf geistern. Also schreibe ich alles auf, was mich beschäftigt.

Fahrradfahren brauche ich, um den Stress und die Anspannung wegzutrampeln.

Und Lesen oder ins Kino gehen entführt mich an fremde Orte, die meine Imagination inspirieren. Das ist für mich nach wie vor die beste Form, frische Energie zu tanken.

Ganz herzlichen Dank für deine Einsichten, lieber Martin! Und danke, dass du so viel wertvolle Tipps gibst.

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