Seit einiger Zeit spukt mir ein Begriff durch den Kopf, den es gar nicht gibt (glaube ich): Retro-Kommunikation. Da heutzutage ja offenbar alles schon mal dagewesen ist, spricht der urbane Medienmensch lässig von Retro-Schick, Retrosound und Retro-Design. Und wenn Jugendliche ausdrücken wollen, dass etwas cool ist, weil es irgendwie an Woodstock erinnert, aber ohne Regen, den ganzen Dreck und die nervigen Hippies, dann ist das „voll retro“. Der Begriff flimmert zwischen abschätzigem Snobismus und widerwilliger Bewunderung.
Retro schaut durch die rosarote Brille zurück und holt sich etwas vom Glanz vergangener Zeiten. Retrosound, so klingt Musik, die vor 25 Jahren Avantgarde gewesen wäre. Retrodesign kuschelt sich warm an die geschwungenen Formen der guten alten Zeit. Retroschick kleidet sich, wer Traditionsbewusstsein mit modischem Niveau signalisieren möchte. Die Werbung macht sich den Retro-Trend geschickt zunutze und kombiniert Symbole vergangener Zeiten mit den zu verkaufenden Produkten.
Aber Retro-Kommunikation – die gibt es (noch) nicht. Wieso eigentlich?
Hinter den ganzen Retro-Bezeichnungen steckt doch im Grunde die Sehnsucht nach bestimmten Werten, die uns scheinbar verloren gegangen sind. Irgendwo in uns schlummert wohl die Hoffnung, dass, wenn wir die äußeren Formen wiederbeleben, wir auch neuen Zugang zu den inneren Werten von damals erhalten – selbst wenn diese sich erst in der Rückschau offenbart haben.
So eine Retro-Kommunikation, wodurch würde die sich wohl auszeichnen?
- Vielleicht durch intensives Zuhören und Sich-selbst-zurücknehmen,
- indem man sich Zeit füreinander nimmt und auch die Stille kommunizieren lässt,
- durch leidenschaftliches Eintreten für die eigenen Überzeugungen statt glatt durchdesignter Politikerreden oder Vorstandspräsentationen auf der Weihnachtsfeier,
- durch eine Umarmung und ein tröstendes Wort,
- oder durch gemeinsames Spielen und Lachen und Geschichten erzählen.
- Kurz: durch lebendigen Austausch voller Wertschätzung und Inspiration.
So gesehen können Blogs „voll retro“ sein 😉 . Und damit genug der philosophischen Gedanken zum 3. Advent – jetzt geht’s raus an die frische Luft!
Bildquelle: Karin Schmidt/pixelio
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