Im Spannungsfeld zwischen Authentizität, Image und Ausstrahlung
In letzter Zeit habe ich mir öfter Gedanken darüber gemacht, warum ich mich in manchen Netzwerken nicht (mehr) wohl fühle. Das hängt natürlich immer mit den Menschen zusammen, die sich dort aufhalten, und da gibt es Verhaltensweisen, die mich einfach stören.
Gelegentlich ertappe ich mich dann dabei, wie ich geradezu abschätzig von „begnadeten Selbstdarstellern“ oder sogar von „Profilneurotikern“ rede, wenn mir Menschen begegnen, die sich sehr gut in Szene setzen können. Ich glaube, das geht vielen von uns so. Aber seien wir ehrlich: Schwingt bei diesem harten Urteil nicht zuweilen auch Neid mit? Weil wir beim anderen etwas erleben, was wir selbst nicht so gut beherrschen? Und was genau hindert uns eigentlich daran?
Begriffsklärung: Was zeichnet einen Selbstdarsteller aus?
- Er kennt seine Stärken und weiß, wie er sie noch betonen kann.
- Dafür nutzt er alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel: Körpersprache – Haltung, Stimme, Gestik und Mimik -, verbales und rhetorisches Talent, Kleidung oder Statussymbole.
- Er hat keine Scheu davor, Raum für sich zu beanspruchen – im Gegenteil: Er liebt es, im Mittelpunkt zu stehen.
- Notfalls schafft er sich auch Platz für seinen Auftritt.
- Kurz: Er kennt die Regeln und Hierarchien des Kontextes, in dem er sich bewegt und kann sie für sich nutzen.
Unangenehm wird die Begegnung mit Selbstdarstellern aus zwei Gründen:
Erstens: Wir erleben jemand als nicht authentisch. Ich kenne zum Beispiel einen Professor, der seiner provokanten Thesen zum Thema Selbstmotivation wegen gerne als Redner gebucht wird. Mir geht der Mann nur auf die Nerven, denn wenn ich seine Körpersprache betrachte – schlaffe Haltung, runde Schultern, einstudierte Gestik -, dann weiß ich: Der lebt nicht, was er spielt. Er produziert ein Image von sich selbst, das nicht echt ist. Er bietet einfach eine Show, und das noch nicht mal besonders gut. Ich glaube ihm einfach nicht und frage mich ernsthaft, warum so viele andere Menschen diesen Widerspruch nicht erkennen können.
Zweitens: Wir wünschen uns, an der Stelle des Selbstdarstellers zu sein. Hier kommt der schon angesprochene Neidaspekt ins Spiel. Da meldet sich nämlich ein Schattenanteil unserer Persönlichkeit, der zu kurz kommt – derjenige, der auch gerne mal aus dem Mauerblümchen-Dasein heraustreten will. Im Mittelpunkt stehen, Applaus erhalten, der Star sein! Weil der andere das auslebt, wovon wir insgeheim träumen (manchmal so insgeheim, dass wir es nicht mal vor uns selbst zugeben), wählen wir den scheinbar leichteren Weg und bewerten dieses Verhalten einfach negativ.
Das sind jedenfalls meine Vermutungen zu diesem Thema. Persönlich löse ich das so, dass ich mich in verschiedenen Rollen ausprobiere. Inzwischen weiß ich, dass es Situationen gibt, wo es hilft, wenn ich „größer“ agiere als sonst. Ich glaube, es ist eine Gratwanderung, dafür das richtige Maß zu finden: gerade so viel, dass man sich noch wohl damit fühlt und zugleich ausreichend Sensibilität für den Rest der Welt übrig bleibt.
Wer wie die meisten von uns als Einzelunternehmer unterwegs ist, braucht die Fähigkeit, sich selbst darzustellen, in ganz verschiedenen Kontexten: bei der Akquise, im Kundengespräch, beim Netzwerken und ganz grundsätzlich in jeder Kommunikation nach außen. Und wenn ich mit meiner Außenwirkung unzufrieden bin – ein Indikator dafür ist tatsächlich der Neid, den ich empfinde, wenn ich andere erlebe – dann wird es höchste Zeit mich zu fragen, was ich dafür tun kann, um Authentizität und Image in Einklang zu bringen.
Menschen, denen das wirklich gelingt, bewundern wir nämlich. Weil dann etwas entsteht, was glaubwürdig und echt ist: Ausstrahlung oder Charisma.
Kennt ihr Beispiele von wirklich charismatischen Selbstdarstellern? Ich denke da zum Beispiel an jemand wie Sabine Asgodom oder Ulf D. Posé. Beide habe ich schon live erlebt, und das sind einfach Persönlichkeiten, denen ich jedes Wort und jede Geste glaube – wirklich beeindruckend.
Liebe Heide,
da hast du ja einen ganz sensiblen Punkt angesprochen. Dies ist ein Thema, mit dem ich mich auch schon eine Weile beschäftigen darf, denn die Gefühlspalette, die du schilderst, kenne ich auch genauso. Von „was die sich rausnimmt “ über „komisch, merkt das keiner, dass der ein Blender ist“ bis ganz klein im Hintergrund und fast nicht zu hören „würd ich auch gern mal…“.
Achja, die Schatten, da sind sie wieder und gut ist, wenns mir wenigstens schon auffällt, dass sich da was zeigt, das bearbeitet werden will.
Also, lass uns daran arbeiten und dabei auf die wirklich Authentischen gucken. Sabine Asgodom hab ich auch live erlebt und sage nur, super die Frau. „Das will ich auch….“
in diesem Sinne alles Liebe Barbara