Deadline Junkie – na und?

Letzte Woche ging eine weitere 77-Tage-Motivations-Challenge zu Ende. Einige Teilnehmerinnen haben einen sehr rasanten Endspurt hingelegt, um ihr Ziel in letzter Minute doch noch zu erreichen. Sie wissen durchaus, dass das auch entspannter hätte klappen können, aber irgendwas kam scheinbar immer dazwischen … oder war eben in dem Moment wichtiger.

Ganz zum Schluss wurden dann noch mal sämtliche Reserven mobilisiert, alle Ablenkungen ausgeschaltet – und plötzlich war das auch möglich und machbar, in einem Fall buchstäblich in letzter Minute.

Nun können wir lange grübeln, wieso das so ist. Ich glaube, dafür gibt es immer nur ganz individuelle Gründe, die dann letztlich auch nur individuell bearbeitet werden können.

5 Vorteile eines Deadline Junkies

Ich möchte also mal versuchen, das Ganze aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Könnte es nicht auch Vorteile haben, ein Deadline Junkie zu sein?

  1. Dein innerer Zeitmanager weiß offenbar ganz genau, wann du wirklich, wirklich loslegen solltest, um alles noch in der vorgegeben Zeitspanne zu schaffen. Da du das weißt, kannst du doch die Zeit bis dahin viel entspannter und ganz ohne schlechtes Gewissen verbringen. Denn du wirst die Aufgabe ja schaffen – wenn’s sein muss, eben auf den allerletzten Drücker.
  2. Wenn du Perfektionistin bist, sorgt dein innerer Deadline Junkie für den Ausgleich. Denn wenn du wirklich bis zuletzt wartest, um dein Projekt abzuschließen, sorgst du automatisch dafür, dass du keine 100-prozentige Leistung abgeben kannst. Die, wie wir ja alle wissen, ohnehin sehr oft gar nicht machbar oder gar wünschenswert ist, weil sie viel zu viel wertvolle Ressourcen bindet. Da tritt das Pareto-Prinzip in Kraft, das besagt, dass 80% in den allermeisten Fällen völlig ausreichend sind für ein gutes Ergebnis.
  3. Außerdem kennst du als Deadline Junkie einige deiner Motivatoren sehr gut: Druck, zum Beispiel in Form eines Kundentermins, oder auch finanzieller Druck, wie bei der Challenge, da man ja die Hälfte der Teilnahmegebühr nur bei erfolgreichem Abschluss erstattet bekommt. Klar kann man sich auch anders motivieren, aber wenn dieses Druck-Prinzip bei dir so gut funktioniert, warum solltest du es ändern wollen? 😉
  4. Als Deadline Junkie hast du außerdem den nicht unbeträchtlichen Vorteil, immer etwas zum Klagen zu haben. Wer so unter Stress steht, kann sich seine Portion Mitgefühl bei den Mitmenschen abholen. Das ist ein „Sekundärnutzen“, der oft genug gar nicht wahrgenommen oder aber komplett unterschätzt wird. Frag dich doch mal, ob das bei dir nicht auch manchmal eine Rolle spielen könnte … 😉
  5. Und nicht zuletzt ist es ja doch ein richtig gutes Gefühl, sich hinterher mental auf die Schultern klopfen zu können, weil man es wieder mal geschafft hat, auch unter höchstem Druck eine gute Leistung abzuliefern. Vielleicht ist dieser Adrenalinkick einfach so schön, den die Last-Minute-Aktionen mit sich bringen?

Insofern finde ich: Steh doch einfach dazu, ein Deadline Junkie zu sein, genieße diese Fähigkeit und die Vorteile, die das mit sich bringt und höre auf, dich dafür zu geißeln.

Denn wenn du wirklich darunter leidest – dann finden sich auch Mittel und Wege, dein Verhalten zu verändern. Alles eine Frage der Priorität ;-).

Frohes Schaffen!

PS: Die nächste 77-Tage-Motivations-Challenge startet am 29.09.2014. Bis 31.08.2014 gilt der Early-Bird-Rabatt!

5 Kommentare zu „Deadline Junkie – na und?“

  1. Kathrin Wengrzik

    Und was fuer eine tolle Challenge es war, liebe Heide und Mit-Challenger!

  2. Hmm, diese Gedanken werde ich mal in meinem Herzen bewegen, besonders Nr. 4. Aber in einem Punkt (Nr. 1) möchte ich Zweifel anmelden: Ich glaube, ich kenne keinen Deadline Junkie, der es schafft, beim Prokrastinieren das schlechte Gewissen auszuschalten.
    Und noch etwas: Mir hat mal eine Psychologin gesagt, es sei ein Irrtum, dass richtig großer Leidensdruck zur Veränderung führt. Sie meinte, wenn der Leidensdruck richtig groß sei, hätten die Menschen in der Regel keine zusätzlichen Kapazitäten dafür, Veränderungen anzustoßen.

  3. Der Deadline-Junkie ist eine herrliche Metapher für Unstrukturiertheit, Prioritätenmangel und Konzentrationsschwierigkeiten 😉 – Die selbstgeschaffene Erschöpfung ist auch noch erwähnenswert.

  4. Hallo Frau Liebmann,
    was für eine nette wie gelungene Wortschöpfung „Deadline Junkie“ – denn diese bringt es, in meinen Augen, sehr nett auf den Punkt, den durchaus suchtähnlichen Charakter, der es eben nicht so leicht macht, hier etwas zu verändern, da es ja auch ganz viele schöne Belohnungen gibt. Besonders gut gefallen hat mir ihr Punkt Nr. 4. Das war für mich dereinst, glaube ich, eine sehr schöne Belohnung, allseits akzeptierte Begründung und Legitimation: „Ich tue eh die ganze Zeit etwas – auch wenn da eigentlich grade gar nicht so viel läuft, weil ja noch Zeit ist…“
    In einem Beitrag auf meinem Blog habe ich den Aspekt des Last-Minute-Schreibens in Verbindung mit dem Flow, der ja so flüchtig wie eigentlich nur schwer bis trickreich erzwingbar ist, gebracht. In dieser Extrakt-Form, die Deadline lauert und „jetzt muss ich deshalb aber wirklich – und das in fliegender Eile“, hat man die Chance, sehr konzentriert diesen Flow-Prozess zu erleben und durchleben. Das kann viel Freude und richtig euphorisch machen; irgendwann mittendrin und hinterher auch noch ein wenig…
    Mir selbst war es eines Tages schlichtweg zu anstrengend, mich nur unter Zeitdruck fokussieren zu können und dann darauf zu hoffen, dass ich in der knappsten Zeit auch wirklich das beste raushole und eben nicht nur glaube (oder glaugben muss), dass es so ist.
    Herzliche Grüße aus Linz,
    Annette Jäckel

  5. Vielen Dank für die spannenden Kommentare!

    Sabine, wenn der Leidensdruck zu groß ist, wird es sicher schwer, noch Kapazitäten für Veränderung freizuschaufeln, das sehe ich ähnlich. Beim Thema Prokrastination habe ich das allerdings in dieser Zuspitzung noch nicht erlebt. Zumindest ist das Prokrastinieren dann in der Regel nicht das „Primärproblem“, sondern es gibt einen anderen Bereich, der zuerst bearbeitet werden muss.

    Was den Begriff als solchen betrifft, kann ich definitiv nicht für mich in Anspruch nehmen, dass ich ihn kreiert hätte – leider ;-). In meinem Umfeld wird er ganz selbstverständlich genutzt, und ich finde ihn eben auch sehr passend für dieses Phänomen.

    Das Flow-Erlebnis unter Druck ist so ein bisschen das, was ich unter Punkt 5 versucht habe zu erfassen. Diese Euphorie kann ja in der Tat sehr belebend sein. Und wie gesagt, wenn man sich damit versöhnt, dass man so tickt — warum nicht? 🙂 Mir persönlich ist das auch zu anstrengend. Ich habe lieber noch einen schönen Puffer, das entspannt mich.

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