Das Richtige zur richtigen Zeit tun

Finde dein Lebenstempo von Petra Schuseil (Rezension)

schuseil_lebenstempo (Page 1)Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass ich mir erst jetzt die Zeit genommen habe, Petra Schuseils Erstlingswerk Finde dein Lebenstempo: Mit dem richtigen Tempo zu mehr Leben zu rezensieren. Ich schreibe bewusst: „Ich habe mir die Zeit nicht genommen“ statt auszuweichen auf das beliebige „Ich hatte wirklich keine Zeit!“ Das klingt zwar immer so schön busy, busy. Aber in Wahrheit verdeckt der Satz die Tatsache, dass ich schlicht andere Prioritäten gesetzt habe.

Die Verantwortung für das eigene Lebenstempo zu übernehmen, das ist eins der zentralen Anliegen von Petra Schuseil. Und ich wollte keine flüchtige und oberflächliche Betrachtung schreiben, denn dazu liegt Petra, die ich persönlich kenne, mir zu sehr am Herzen. Ich wollte mit dem Buch arbeiten und schauen, was ich dabei noch lernen und mitnehmen kann. Dafür benötigte ich – genau: Zeit :-). Denn Petra empfiehlt, sich ein Tagebuch zuzulegen, um sich aktiv mit den von ihr vorgeschlagenen Übungen zu beschäftigen. Da ich aus Erfahrung weiß, dass sich solcherart gewonnene Erkenntnisse in der Tat leichter umsetzen und merken lassen, habe ich diese Anregung aufgegriffen und in einer schönen Kladde meine Gedanken und Ergebnisse festgehalten.

Nun, was also habe ich erfahren? Zunächst einmal, dass ich offenbar schon ganz gut darin bin, das mir gemäße Lebenstempo zu leben. Petra Schuseil bietet für diese Erkenntnis (oder auch ihr Gegenteil) eine Reihe von interessanten Tests bzw. Selbsteinschätzungen an. Ich bin ein Test-Junkie, da kann ich nie widerstehen. Mir wurde klar, dass ich über sehr viel selbstbestimmte Zeit verfügen darf, was übrigens kein Zufall ist, sondern absichtlich herbeigeführte Realität. Meine Kunden wissen zum Beispiel alle, dass ich am Wochenende normalerweise nicht arbeite und auch Wert auf einen einigermaßen geregelten Feierabend lege. Ja, das erlaube ich mir auch als Freiberuflerin. Interessanterweise wird das von meinen Kunden klaglos akzeptiert. Auch hier gilt wohl mal wieder: Äußere Klarheit folgt der inneren.

Drei Regler, um das eigene Lebenstempo zu bestimmen

Besonders gut hat mir die Idee gefallen, die Petra im 3. Kapitel vorstellt: Hier geht es darum, drei Regler zu installieren, über die das eigene Lebenstempo sich steuern lässt. Wichtig ist Petra dabei grundsätzlich der Gedanke, dass es beim Lebenstempo kein falsch oder richtig gibt, sondern immer nur das Angemessene.

Bei Regler 1 geht es um den Unterschied zwischen den sehr Schnellen und den besonders Besonnenen.

Sie gibt sowohl den „Schnell-Schnellen“ als auch den sehr Besonnenen ein individuelles Trainingsprogramm an die Hand, um ggf. die jeweils andere Qualität einmal auszuprobieren und so vielleicht zu erleben, dass eine gewisse Dosis von mehr Schnelligkeit zuweilen hilfreich sein kann – ebenso wie ein Innehalten dann und wann.

Ich gehöre meistens eher zur schnellen Truppe und ertappe mich dabei, dass ich bei eher langsamen Menschen zur Ungeduld neige. Petra rät mir und anderen, das einmal ganz bewusst auszuhalten und vielleicht sogar zu überlegen, wie ich aktiv auf besonnenere Menschen zugehen und ihnen eine Brücke bauen kann. Ich habe mir vorgenommen, hier mal ein wenig mehr zu üben …

Regler 2 dreht sich um Geduld vs. Ungeduld. Auch hier konnte ich ein kleines Aha-Erlebnis verzeichnen: Dass Geduld nicht gerade meine Primärtugend ist, war mir zwar schon sehr lange bewusst. Aber bewusst einen „langen Atem“ entwickeln: Damit habe ich erst im Laufe der Selbstständigkeit begonnen. Beginnen müssen, denn die voller Ungeduld gestarteten Projekte, schlecht durchdacht, halb fertig und unausgegoren, scheiterten einfach zu oft. Das frisst auf Dauer viel zu viel Energie. Inzwischen bin ich da deutlich geduldiger geworden. Gut Ding will manchmal eben wirklich Weile haben.

Regler 3 schließlich versucht die Balance zu finden zwischen Powerphasen und dem nötigen Verschnaufen. Ich bin jemand, der es gelernt hat, regelmäßig Pausen einzulegen: Wenn ich am Schreibtisch arbeite, stehe ich normalerweise nach ca. 1,5 bis 2 Stunden auf und lege eine bewusste Pause ein. Ich koche mir einen Tee und lese für 20 bis 30 Minuten etwas ganz anderes, oder ich gehe kurz nach draußen. Das bringt mich auf andere Gedanken, erfrischt meinen Geist, und ich arbeite danach wieder wesentlich konzentrierter weiter. (Ich gebe zu, so idealtypisch funktioniert das nicht immer, aber insgesamt hat sich diese Strategie für mich als sehr wirkungsvoll erwiesen).

Petra Schuseil macht bei all diesen Reglern auf die Vorteile aufmerksam, die das jeweilige Verhalten mit sich bringt, sie zeigt aber auch die Nachteile auf, und: Sie hat Ideen, wie man sich aus festgefahrenen Verhaltensweisen wieder lösen kann. So bekommen die Dauer-Pausen-Macher von ihr beispielsweise gezeigt, wie man zur „unwiderstehlichen Couch-Potato“ wird und Pausen sinnvoll nutzen kann, um Energie zu tanken. Das hat mir sehr gut gefallen.

Im vierten Kapitel schließlich geht es um weitere vier Regler, um die Zeitqualität zu steuern: reagieren – agieren, langweilen – genießen, verplanen – improvisieren und laut – leise. Auch diese Kapitel folgen dem Schema Selbsteinschätzung, inhaltliche Ausführung und anschließendes Trainingsprogramm.

Ich lege das Buch all jenen ans Herz, die einmal gezielt hinschauen wollen, womit sie ihre Zeit eigentlich verbringen – um dann nötigenfalls auch Dinge zu verändern. Und ich vermute, es wäre für manche Menschen auch ein sehr geeignetes Weihnachtsgeschenk. Das Thema Lebenstempo passt ja ausgezeichnet in die von vielen subjektiv als eher hektisch empfundene Weihnachtszeit.

Ich freue mich jetzt erst einmal darüber, dass ich mir endlich die Zeit genommen habe, Petras Buch ausführlich zu würdigen und wünsche ihr viele weitere interessierte Leserinnen und Leser. Als Hörbuch gibt es das Werk übrigens inzwischen auch!

 

 

1 Kommentar zu „Das Richtige zur richtigen Zeit tun“

  1. Liebe Heide, toll, dass Du mein Buch besprochen hast hier in Deinem Blog.
    Dankeschön.
    Etwas spät … aber ich hatte mich bestimmt in meinem Blog bedankt, der leider inzwischen gehäckt wurde. Jetzt stelle ich alle Links zum Buch neu zusammen für meinen Wesentlichwerden-Blog.

    Auf bald mal wieder.
    Herzlich vom Zürichsee. Petra

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